Top Schicke Retro Kleider 2021

Modedesignerin Anna Fuchs steht für Tragbarkeit und unangestrengte Eleganz. Jetzt hat sie ihre Kleider von Skaterinnen tragen lassen und den früheren The-Jeremy-Days-Musiker Louis C. Oberländer in Los Angeles als Fotografen gewonnen. Seine Fotos bietet sie sogar als limitierte Edition an

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Welt am Sonntag: Frau Fuchs, Louis C. Oberländer ist ein Musiker. Wie kam es, dass er Ihre Kollektion mit Skater-Girls fotografiert hat?

Anna Fuchs: Wir haben uns über Facebook kennengelernt. Die Idee zur Skater-Geschichte hatte ich schon länger, da ich gerne einmal Mode in einem bewegten Alltag zeigen wollte. Da war es ja fast ein Wink des Schicksals, das Shooting mit Louis in L.A. zu machen, wo er lebt. Dort ist das Mekka aller Rollbrettfahrer. Seine Fotos mag ich sehr, weil sie etwas Verletzliches, Menschliches, Privates haben und man das Gefühl hat, sein Kameraauge mag und respektiert Frauen.

Welt am Sonntag: Warum wollten Sie Skaterinnen in Ihren Kleidern sehen?

Fuchs: Ich mag den Sport, weil er etwas mit Risikobereitschaft zu tun hat. Komischerweise skaten Frauen aber sehr selten professionell. Vielleicht weil sie keine blauen Flecken haben wollen, weil es unweiblich ist, zu wild? Diesen Widerspruch fand ich spannend. Aber ich möchte auch gerne das Vorurteil abbauen, dass man für schicke Kleider einen Anlass braucht. Sobald ein Kleid gut sitzt und Bewegungsfreiheit zulässt, kann Frau doch alles damit machen! Vorurteile gegenüber Kleidern im Alltag gibt es hierzulande leider noch immer viele. Fast so, als sei es eine Schwäche, wie eine Frau gekleidet zu sein.

Welt am Sonntag: Der Modedesigner Rick Owens hat kürzlich schwere, große Frauen mit sehr wütenden Gesichtern in seinen Kleidern über den Laufsteg stampfen lassen. Was bedeutet so etwas?

Fuchs: Es gibt meiner Meinung nach eine tiefe kollektive Sehnsucht nach Aussöhnung des Weiblichen und Männlichen. Ich nenne das gerne „das verletzte Feld“, also das, was Menschen seit Jahrhunderten an ihrem freien Selbstausdruck hindert, aufgrund gesellschaftlicher Machtverhältnisse. Owens hat das Unglaubliche gewagt, Frauen jenseits der Konfektionsgröße 42 in Paris auf den Laufsteg zu schicken, die durch eine archaische Performance regelrecht Kräfte freisetzen. Also Kraft, Wille, Durchsetzung, nicht unbedingt zu gefallen, wild und wütend zu sein – ich behaupte mal salopp, so etwas hat es in der Modegeschichte der westlichen Welt und in einem Business in dieser Form noch nicht gegeben. Das ist Avantgarde!

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Welt am Sonntag: Und warum so extrem?

Fuchs: Vielleicht wollte er die Frauen ein bisschen auf die Schippe nehmen. Das Ganze trägt ja den irritierenden Namen „Vicious women“ und hat im Ganzen stark militante Züge. Die Mode ist ohne Frage grandios, aber Tatsache unserer Zeit ist auch, dass Frauen, obwohl sie heute mehr Möglichkeiten als jemals in der Geschichte der westlichen, abendländischen Kultur haben, sich nach wie vor kasteien, ihrer Weiblichkeit nicht genügend Ausdruck geben. Hier entfacht sich eine immense, unterdrückte Wut, die oft sehr grimmige Züge trägt. Wow! Wenn das so sein sollte, liebe ich den Rick gleich doppelt! Der Mann setzt tatsächlich intellektuelle Akzente. Er hält uns Frauen den Spiegel vor.

Welt am Sonntag: Der weibliche Business-Look ist noch immer eng begrenzt: Schwarze Hosenanzüge, schwarze Kostüme, grau, vielleicht noch blau. Warum wagen die Frauen so wenig und bleiben so streng?

Fuchs: In Deutschland scheinen Frauen extrem auf der Hut zu sein, sich im professionellen Business sichtbar als Frauen zu präsentieren. Was nicht ausschließt, dass sie als solche trotzdem wahrgenommen werden wollen. Identität, Kleidung und Haltung sind aber auch ein deutliches, wahrhaftiges Statement. Dies ist die Klientel, die mich persönlich am meisten reizt und herausfordert. Die Designaufgabe für eine gestandene, gebildete, polyglotte, kompetente Geschäftsfrau, ihr ein angemessenes und dennoch feminines Outfit zu entwerfen, ist weit anspruchsvoller, als sich lediglich einen Anzug für Frauen auszudenken. Ich höre mir die Wünsche meiner Kundschaft sehr genau an und setze sie auch um: nicht zu viel Dekolleté, keine Transparenz, einen Ärmel bitte. Frau unter Männern wird offenbar schnell in ihrer Kompetenz untergraben, wenn sie gegen diese Regeln verstößt.

Welt am Sonntag: Wo liegt denn das Potenzial?

Fuchs: Das große Fragezeichen tut sich bei mir auf, wenn es sich um schicke Looks mit einer dezenten, kultivierten Sexyness geht, in modernen Farben, Mustern und spannenden Weboptiken. Dinge, die in der Mode exklusiv Frauen vorbehalten sind, und die Männer sehr wohl schön und reizvoll finden. Die Frauen finden so etwas oft zu „frivol“. Sie haben wohl das Gefühl, damit zu sehr im Mittelpunkt zu stehen. Im Gegenzug gibt es dann sehr viel mehr Männer mit gegrätschten Anzughosenbeinen, gebärdenreicher, wenn nicht gar protziger Gestik und lauter Stimme, und dabei oft weniger kompetent. Hallo? Was ist da los? Ich finde, es gibt viel zu viele unmögliche, schlecht erzogene, schlecht gekleidete Männer, als dass eine Frau sich hinten anstellen sollte und sich verkleinern, indem sie ebenfalls zu Anzügen greift in gedeckten Farben, die oftmals schlecht sitzen, der weiblichen Figur gar nicht zuträglich sind. Die ihr die Farbe aus dem Gesicht nehmen und keine wahrhaftige, komplette Identität zulässt. Und dazu gehört für mich ganz klar, sich auch in weibliche Stoffe und Silhouetten zu hüllen, weil Frau eine Frau ist. Wo ist hier eigentlich das Problem? Na, ich kann mich da erhitzen. Weiß aber glücklicherweise, dass es auch wunderbare Vorreiterinnen gibt, die das langfristig ändern werden. Und ich mache mir derweil Gedanken darüber, welche Looks das sein können.

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Welt am Sonntag: Wohin bewegt sich die Mode? Was Technik, Stoffe und Beschaffenheit angeht, hat sich sehr viel getan.

Fuchs: Ich finde die aktuelle Mode wahnsinnig spannend, weil sich der Blick endlich wieder nach vorne richtet. Die vergangenen zehn Jahre war sehr viel Retrospektive zu beobachten, auf der Suche nach dem verlorenen Stil. Das ist romantisch und auch irgendwie schön, jedoch ging es nicht immer mit dem aktuellen Frauenselbstbild einher. Die neuen Stoffe lassen andere Silhouetten entstehen, und die Schnittführung ist prägnanter, sachlicher und architektonischer geworden, ohne dabei hart zu erscheinen. Da ist sehr viel Neues möglich.

Welt am Sonntag: Aber es kam doch vor allem zum Stil-Verfall, finden Sie nicht? Wann kann man heute von Stil sprechen?

Fuchs: Ich glaube, ein eigener, unverwechselbarer Stil ist nur wenigen Menschen vorbehalten. Man kann ihn trainieren wie einen Muskel, indem man die Sinne offen hält und nährt, nicht nur mit Mode, sondern auch über zeitgeistiges Geschehen, jede Form von Design, das was unter Menschen so passiert und mit einem selbst. Sich stilistisch am Zeitgeist zu orientieren, birgt auch immer ein gewisses Risiko, und das wollen die Leute selten eingehen. Stil hat für mich auch etwas mit Witz und einer gewissen stilistischen Selbstständigkeit zu tun.

Welt am Sonntag: Wann ist ein Kleid stilvoll?

Fuchs: Ein elegantes Kleid schafft unangestrengt eine markante Silhouette, hat raffinierte, aber unaufdringliche schnittliche Details, der Stoff ist fließend oder hochwertig, innovativ gewoben, die Passform ist perfekt, die Verarbeitung ebenfalls und verzaubert die Trägerin in eine Person, deren Körper auf das Vorteilhafteste in Szene gesetzt wird. Die Schuhe sind genauso ein wichtiges Statement wie das Kleid. Der Drive wird allgemein strukturierter, konturierter, grafischer, klarer. Und ohne jetzt auch Retro-Sprech zu benutzen: Die 80er-Jahre wurden von der Mehrheit meiner Meinung nach falsch abgespeichert. Da steckt noch sehr viel ungenutztes Potenzial drin, welches erst heute wirklich interessant, relevant und zeitgemäß ist. Aber es gibt auch ganz klar den Trend zu neuen Silhouetten, die erst jetzt, auf Grund innovativer Materialien und Verarbeitungstechniken möglich sind.

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Welt am Sonntag: Ist die Eleganz auf dem Rückzug?

Fuchs: Sagen wir so: Der Wunsch, mit der Masse eins zu sein, einen klar zuzuordnenden Look zu haben und nicht für jemanden gehalten zu werden, der frivol, undurchsichtig, egozentrisch oder überzogen wirken könnte, ist größer, als sich modisch auszuleben. Das finde ich teilweise schade, birgt aber wieder einmal für den Designer eine nicht unangenehme Herausforderung. Tatsächlich fällt man in einem elegant-souveränen Outfit, im besten Fall noch mit Absätzen über sechs Zentimeter mehr auf, als mit einer Nerdbrille und Leggins. Meine selbst erfahrene Losung trifft das ganz gut: „Elegance ist the real punk“.

Welt am Sonntag: Die Straßen Hamburgs sind neuerdings überfüllt mit Leuten, die Parkas mit Echtpelz-Besatz tragen.

Fuchs: Sich und den Kindern in der heutigen Zeit einen Parka mit Echtpelz-Verbrämung zu kaufen, der dann nur zu dekorativen Zwecken eingesetzt wird, also sowieso keine Funktion hat und dann noch von einem Tier, welches ausschließlich hierfür gezüchtet und qualvoll ermordet wurde, verursacht bei mir Fassungslosigkeit und tiefe Trauer. Pelz war zu allen Zeiten ein Zeichen von Dekadenz und Wohlstand. In Anbetracht der Tatsache, dass unser schöner Planet mit seinem perfekten, in sich geschlossenen System um sein Überleben kämpft, sind wir alle tatsächlich arm, schutzlos und gefährdet. Das macht den Anblick dieser mummeligen Teletubby-Optik zu einem skandalösen Ereignis.

Welt am Sonntag: Also? Was dann?

Fuchs: Die Bedeutung eines eleganten, wirklich gut geschnittenen Mantels kann man meiner Meinung nach gar nicht hoch genug einschätzen, denn bei uns ist es dreiviertel des Jahres kalt genug dafür. Und es ist oft das Erste und Einzige, das man von Leuten zu sehen bekommt, denen man begegnet. Ich würde fast behaupten, siebzig Prozent aller Menschen, die man am Tag sieht, ziehen die Jacke oder den Mantel gar nicht aus. Also darf man diesbezüglich nicht nachlässig sein und sollte die Mantelfrage mindestens genau so wichtig nehmen wie die Kleider- und Schuhfrage.

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